DAS TAUFBECKEN

Eines der wenigen Stücke, das den Zweiten Weltkrieg überstanden hat, ist dieses Fragment des Taufbeckens, die Tauffünte. Sie ist sogar älter als die Nikolaikirche selbst, denn sie wurde Mitte des 13. Jahrhunderts aus Kalkstein auf der Ostseeinsel Gotland gefertigt und vermutlich bereits im Vorgängerbau von Sankt Nikolai genutzt.

Ob auch Otto Lilienthal auf seiner Taufe am 25. Juni 1848 in diesem Becken getauft wurde, ist leider ungewiss. Genauso wenig ist etwas darüber bekannt, inwieweit sein ein Jahr jüngerer Bruder Gustav hier ebenfalls das Sakrament der Taufe erhalten hat. Nichtsdestotrotz ist der Name Lilienthal mit der Stadt Anklam und der Nikolaikirche untrennbar verbunden.

Das Geburtshaus von Otto und Gustav Lilienthal lag nur unweit von der Nikolaikirche entfernt – in der Peenestraße. Otto war das erstgeborene Kind von Caroline und Karl Friedrich Gustav Lilienthal. Neben seinen Bruder Gustav hatte Otto noch sechs weitere Geschwister, von denen jedoch fünf bereits als Kleinkinder verstarben. Mit der sieben Jahre jüngeren Marie wanderte Gustav später nach Australien aus.

Ein weiterer schrecklicher Schicksalsschlag ereilte die beiden Brüder, als sie den plötzlichen Tod ihres Vaters mit nur 44 Jahren miterleben mussten. Der Vater war es, der bei ihnen das Interesse für die Natur mit ihren Wunderwerken weckte. Dieser Verlust schweißte den damals 12‑jährigen Otto und den 11‑jährigen Gustav noch enger zusammen.

Ihre Kindheit und Jugend verbrachten die Lilienthal-Brüder in Anklam. Der Besuch des hiesigen Gymnasiums war nicht von großem Erfolg gekrönt, beide galten als mäßig gute Schüler – was mal wieder beweist: Auch mit einem mittelmäßigen Zeugnis kann man weltberühmt werden.

Aber draußen in der Natur, da waren die beiden naturwissenschaftlich interessierten Jungen in ihrem Element. Auf ihren Streifzügen durch das Anklamer Umland folgen sie fasziniert dem eleganten Flug der Störche, beobachteten sie stundenlang und stellten sich die Frage: Wie schaffen sie es, ihre schweren Körper in die Luft zu heben?