DER ALTAR

Drachenflieger – heute ein fast selbstverständlicher Anblick und ein Must-Do für alle Erlebnissportler und Adrenalinjunkies. Zu Zeiten der Lilienthals jedoch eine – zunächst – meist mitleidig belächelte Sensation. Typen wie Otto und Gustav galten Ende des 19. Jahrhunderts gerne als sonderbare Spinner – um es harmlos auszudrücken.

Und gerade Otto sorgte für allerlei Gesprächsstoff, wenn er mit den selbstgebauten Apparaten versuchte, von einem Hügel zu springen. Aber – der Erfolg gab ihm Recht. Otto Lilienthal war weltweit der erste Mensch, dem der freie Flug durch die Luft gelang. Und zwar nicht nach dem Prinzip „leichter als Luft“ in einem Ballon. Sondern „schwerer als Luft“ wie ein Vogel.

Dabei beruhte der Erfolg von Otto Lilienthal weder auf bloßem Zufall noch auf eine geniale Eingebung. Seinen Erfolg verdankte der Luftfahrtpionier einzig und allein systematischer wissenschaftlicher Arbeit. Wie zum Beispiel mit den Beobachtungen der Vögel am Himmel.

So schreibt er in seinem Buch über den Vogelflug: 
„Die Beobachtung der Natur ist es, welche immer und immer wieder dem Gedanken Nahrung gibt: Es kann und darf die Fliegekunst nicht für ewig dem Menschen versagt sein.“

Gemeinsam mit seinem Bruder Gustav baute er Versuchsapparaturen, notierte seine Messungen und entwickelte so seine Theorie vom Fliegen. Dem Geheimnis, was einen in die Lüfte auftreibt, kamen die beiden schließlich auf die Spur, in dem sie die Tragflächen der Flugapparate nach dem Vorbild von Vogelflügeln konstruierten.

Was insbesondere Otto Lilienthal zu dieser Pionierleistung antrieb, war seine grenzenlose Leidenschaft. Fliegen war für ihn eine Kunst, durch die man nicht nur theoretisches, sondern auch körperliches Wissen erlangt. Fliegen war für Lilienthal einfach „unbeschreiblich schön“ und es entfachte, wie er schreibt, „das sanfte Dahingleiten über die weit ausgedehnten sonnigen Berghänge den Eifer bei jedem Sprunge von Neuem“.