Nordostecke des Anklamer Marktes mit Nikolaikirche, um 1930

ANKLAMS NEUE MITTE

Im Zweiten Weltkrieg wurde Anklam als Standort der Arado Flugzeugwerke zum Ziel von Luftangriffen. Am 9. Oktober 1943 griffen Bomber der 8. US Air Force die Hansestadt erstmalig an. Dabei wurde die Kupferabdeckung des Kirchturmes von St. Nikolai schwer beschädigt und die Fenster durch die Druckwellen der einschlagenden Bomben zerstört. Im April 1945 erreichte der Bodenkrieg Anklam. Als die Rote Armee am 29. April die Stadt einnahm, wurde sie von den über die Peene abziehenden deutschen Truppen beschossen. Artilleriebeschuss, Bombardierungen aus der Luft sowie Brandstiftungen lösten einen Flächenbrand mit verheerenden Folgen aus. Der Turmhelm von St. Nikolai stürzte in das Kirchenschiff und brachte die Gewölbe zum Einsturz. Bis auf die Umfassungsmauern, die achteckigen Pfeiler, die Arkadenbögen, die südlichen Kapellenanbauten und einige, wenige Einrichtungsgegenstände war die Kirche vollständig zerstört.

Ostseite des Anklamer Marktes, um 1900
Ostseite des Anklamer Marktes, um 1900
Ostseite des Marktes nach dem Bombenangriff am 09. Oktober 1943
Ostseite des Marktes nach dem Bombenangriff am 09. Oktober 1943
Anklam mit der Nikolaikirche nach Kriegsende, 1945
Anklam mit der Nikolaikirche nach Kriegsende, 1945

Als Ruine ragte die Nikolaikirche von 1945 bis in die 1990er Jahre aus dem Stadtzentrum Anklams hervor. Seit 1995 ist die Kirche ein wesentlicher Bestandteil umfassender Pläne zur Stadtreparatur und ‑erneuerung. Dazu zählte insbesondere der Rückbau der Plattenbauten aus den 1970er Jahren und eine Neubebauung der westlichen und östlichen Marktplatzseiten, die sich an architektonischen Formen der historischen Bebauung orientiert. Damit wurde auch die Zukunft der Nikolaikirche zum städtebaulichen Thema. Deren Erhaltung war durch bürgerschaftliches Engagement zwischenzeitlich angemahnt und befördert worden. Das Gebäude wurde gesichert und ein Kirchendachstuhl errichtet, so dass es als Ausstellungsraum genutzt werden konnte. In Zukunft wird auch der Turmhelm mit seiner ursprünglichen Höhe von 103 Metern wiedererrichtet werden und das Otto-Lilienthal-Museum bezieht im neuen IKAREUM einen attraktiven Ort im Zentrum der Hanse- und Lilienthalstadt Anklam.

Nikolaikirche, um 1950
Nikolaikirche, um 1950
Zwei Planungsentwürfe des Anklamer Architekten Kurt Buchholz 1962 zum Aufbau und kirchlichen Umnutzung der Nikolaikirchruine, Quelle: LKAP Landeskirchliches Archiv Greifswald – Außenstelle Propstei Pasewalk
Zwei Planungsentwürfe des Anklamer Architekten Kurt Buchholz 1962 zum Aufbau und kirchlichen Umnutzung der Nikolaikirchruine, Quelle: LKAP Landeskirchliches Archiv Greifswald – Außenstelle Propstei Pasewalk
Nikolaikirche, um 1994
Nikolaikirche, um 1994
Dachaufrichtung an der Nikolaikirche, 2010
In den 1990er Jahren wird die Nikolaikirche in das Förderprogramm „National wertvoller Kulturgüter“ aufgenommen. Um den wertvollen Bestand zu sichern, wird ein Notdach über Langhaus und Chor errichtet. Im Jahr 2010 erhält die Kirche dann ein neues, nach denkmalpflegerischen Gesichtspunkten konstruiertes Dach. Dachaufrichtung an der Nikolaikirche, 2010
Abriss des Zeilenbaus am Marktplatz
Abriss des Zeilenbaus am Marktplatz

Neubebauung an der Marktwest und -ostseite, Quelle BIG Städtebau (aus: Vielfalt im Städtebau, Statusbericht 2018, BMI)

Diplomarbeit „Wiedererweckung der Nikolaikirche und Ihrer Umgebung als Neuer Mitte in Anklam“
In ihrer Geschichte als Ruine war die Nikolaikirche immer mal wieder Objekt von studentischen Arbeiten zu ihrem Wiederaufbau, ihrer Umnutzung und städtebaulichen Rolle in einer Stadt wie Anklam. Im Jahr 2000 legte dabei Markus Mucke von der Bauhaus Universität Weimar eine vielbeachtete Diplomarbeit zur „Wiedererweckung der Nikolaikirche und Ihrer Umgebung als Neuer Mitte in Anklam“ vor. 2013 befasste sich Jürgen Rölle von der Hochschule Biberbach in seiner Abschlussarbeit im Fachbereich Architektur mit der kulturellen Umnutzung der Nikolaikirche
Projekt Ikareum
Angeregt durch die vielen und langjährigen Diskussionen um den Wiederaufbau und die Nutzung der Nikolaikirche entstand 2007 das Projekt Ikareum. Modell von der ersten Idee für ein Ikareum: Lienthal-Museum und Bürgerhaus in der Nikolaikirche