„zu den billigsten Preisen“, Anclamer Kreis-, Volks- und Wochenblatt, 7. Jg. Nr. 60, 19.05.1853

EIN TUCHHÄNDLER AUS ANKLAM

KARL FRIEDRICH GUSTAV LILIENTHAL

Als Gustav Lilienthal Senior nach Anklam kam, war die Blütezeit der Hanse längst vorbei. In Pommern herrschte Massenarbeitslosigkeit und Anklam erlebte im Jahr 1847 ein Hungerjahr. Lilienthal zog 1845 aus Stralsund an die Peene, um sich in Anklam ein Tuchgeschäft aufzubauen. Die Ausbildung zum Kaufmann hatte er auf Wunsch seines Vaters absolviert, nicht aus Leidenschaft. Sein Interesse galt mehr der Technik und der Mathematik und als Tuchhändler war er nicht sehr erfolgreich. Auch die wirtschaftlichen Bedingungen waren für den Kaufmann Lilienthal keine günstigen.

Nachrichten von den Märzkämpfen aus Berlin im Jahr 1848 politisierten Gustav Lilienthal. Überzeugt von der Gleichheit der Menschen trat er dem liberalen „Constitutionellen Club“ in Anklam bei. Mit Gleichgesinnten debattierte er über Presse- und Versammlungsfreiheit, ein allgemeines Wahlrecht und eine Nationalversammlung. Von dem politischen Wandel versprach sich Lilienthal auch einen wirtschaftlichen Aufschwung. Doch der preußische König lehnte eine konstitutionelle Monarchie ab und auf Revolution folgte Reaktion. Gustavs politisches Engagement hatte wirtschaftliche Folgen: 1854 meldete er Konkurs an und die Lilienthals fassten den Entschluss, nach Amerika auszuwandern. Doch am 8. April 1861 starb Gustav an der Schwindsucht.

  1. Die Barrikadenkämpfe in Berlin 1848 sind ein Höhepunkt der bürgerlich-demokratischen Revolution.

  2. Caroline Pohle, die Mutter der Brüder Lilienthal (1825-1872) im Jahr 1846, ein Jahr vor ihrer Hochzeit mit dem Kaufmann Gustav Lilienthal (1817-1861).

  3. Das bis heute erhaltene Wohnhaus der Familie Lilienthal, nachdem sie ihr früheres Wohn- und Geschäftshaus neben der Nikolaikirche aufgeben mussten.